Mit meinen Berichten hänge ich jetzt schon zwei Wochen hinterher, deswegen folgt jetzt erstmal ein Post über das Wochenende vom 28. - 30. Januar (der 30. war ein Feiertag – also eigentlich der 27. als Gedenktag an Juan Pablo Duarte, einen dominikanischen Freiheitskämpfer, nach dem hier auch der höchste Berg benannt ist).
Am 28. bin
ich mit Alica und Fabienne zum Wasserfall El Limón gefahren. Zuerst mit der
Guagua. Dort angekommen sind wir dann für 16$ auf sehr mageren Pferdchen
bergauf, bergab ca. 35 Minuten zum Wasserfall geritten. Ich wäre ja lieber
gelaufen (auch wenn der Weg alles andere als einladend ist – sehr steil,
steinig und schlammig), aber die anderen beiden wollten lieber reiten. Das
letzte Stück zum über 50m hohen Wasserfall muss aber trotzdem zu Fuß
zurückgelegt werden. Als wir ankommen, sind noch recht viele Menschen da, aber
am Ende sind wir ganz allein und können unsere Touri-Fotos machen. Den
ursprünglichen Plan schwimmen zu gehen, setzen wir nicht um, weil es doch recht
frisch ist. Dann geht es auch schon wieder zurück. An einem Stand holen wir uns
zusammen für 100 Pesos unsere erste frische Kokosnuss. Und ich bin etwas
enttäuscht. Weder das Kokosnusswasser noch das Fruchtfleisch schmecken wie
erwartet. Anders als gewohnt ist das Fruchtfleisch auch ganz labbrig und weich.
Inzwischen habe ich noch zwei weitere Kokosnüsse probiert und vor allem die
letzte war wirklich lecker. Immer mindestens eine zweite Chance geben ;)
Wir tun dem
Ladenbesitzer dort auch noch den Gefallen und schauen uns ein wenig um. Nachdem
ich beim Ausflug zum Strand mit den Kindern am vorhergegangenen Donnerstag
einige schöne Muscheln und versteinerte Korallen gefunden habe, suche ich eine
Kette, um sie zu befestigen. Also nur ein Band. Als ich frage, sagt er zuerst,
das gäbe es leider nicht. Und findet dann doch eine leere Kette, die er mir
sogar schenkt. Ich finde auch noch einen richtig schönen Ring, den man
umklappen und beidseitig tragen kann. Auf der einen Seite ist ein Larimar (ein
Edelstein, den es nur hier gibt) in Silber gefasst, auf der anderen eine rote
Koralle. Leider ist er mir zu groß. Ich hoffe, dass ich anderswo nochmal so
einen finde, der mir passt, das wäre ein schönes Souvenir. Wir haben Glück, im
Anschluss an den Rückritt fährt direkt eine Guagua nach Samaná vorbei, die wir
nehmen können. Abends treffen wir uns nochmal zum Pizza essen und schauen
anschließend noch beim Festival de Ballenas vorbei, dass an diesem Wochenende
stattfindet. Es ist aber überhaupt nichts los. Als ich nach Hause komme, weiß
ich auch wieder warum: Das entscheidende Baseballspiel Licey gegen Aguilas
läuft noch.
Baseball –
das hab ich bisher noch gar nicht erwähnt – ist hier Nationalsport und sorgt
für große Begeisterung. Es fing damit an, dass am Dienstag der Woche abends so
gegen 22 Uhr auf der Straße plötzlich Lärm ausbrach. Jubel, Rufen, es klang,
als würde jemand auf Töpfe schlagen. Am nächsten Abend dasselbe Spektakel.
Julia wusste auch nicht, was los ist, bis wir dann rausgelaufen sind, um
nachzuschauen und uns dann erklärt wurde, dass gerade die Baseballmannschaft
Licey – Los Azules – ein Spiel gewonnen hätten und die Leute das feiern. Am
Donnerstagabend wurde ich dann zum Spiel schauen von unserem Nachbarn Ephraim
eingeladen – die Tür stand offen und Julia saß auch schon drinnen. Auch nach Durchlesen der Regeln bei Wikipedia bin ich nicht ganz
durchgestiegen, aber immerhin einigermaßen. So richtig gepackt hat mich das
Spiel allerdings nicht. Unsere Spanischlehrerin Ana, die auch noch dazukam,
meinte dann, wenn ich mal einen dominikanischen Mann hätte, müsste ich dafür
aber auch Begeisterung entwickeln. Da ich das nicht vorhabe, darf es wohl bei
meinem geringen Interesse bleiben. Ich bin dann auch noch vor Ende des Spiels
ins Bett gegangen – und wurde später noch ein wenig vom Jubel wachgehalten. Am
Tag drauf haben wir Baseball auch nochmal im Spanischunterricht thematisiert
und Ana war regelrecht schockiert zu erfahren, dass von uns drei Deutschen –
zwei Jungs und ich – keiner Fußballfan ist. Außer vielleicht bei der WM und
Laurenz noch nicht mal dann. Komische Deutsche sind wir.
Am
Sonntagmorgen sollte es dann früh mit einem Shuttle nach El Valle gehen, wo das
Festival Quelonios stattfindet. Untertitel des Festivals: „Musica, Arte, Medio
ambiente (Musik, Kunst, Umwelt)“. „Quelonios“ werden die großen
Meeresschildkröten genannt, die gefährdet sind und am Strand von El Valle ihre
Eier ablegen. Ein kleines Video von El Valle kann man hier ansehen https://www.youtube.com/watch?v=6QZE6CQ2qLk
Es hieß
Abfahrt um 8 Uhr, also stehe ich um 6.15 Uhr auf. Julia und ich laufen zusammen
los und sind dann um 8.15 Uhr da, die anderen von uns auch. Etwas später trifft
auch das Shuttle – so eine Art offener Safaribus – ein. Bis er dann tatsächlich
losfährt, wird es aber 9.30 Uhr. Zwischendurch wird nochmal in Samaná
angehalten, 100m rückwärts gefahren, statt zu drehen, um noch irgendwen
mitzunehmen. Außer uns sind noch einige Dominikaner mit an Bord, die am frühen
Morgen schon äußerst gut gelaunt und entsprechend laut sind. Dazu wird dann
noch die Musik aufgedreht. Ein großer Lautsprecher gehört hier in jedem
Fahrzeug zur Grundausstattung. Wir Deutschen (und eine Amerikanerin und eine
Schweizerin) fallen eher durch unsere Stille auf. Die Fahrt geht irgendwann
runter vom Asphalt, bergauf, bergab über Stock und Stein und durch einen Fluss.
Jetzt verstehe ich auch, warum die meisten (also die, die es sich leisten
können) hier Pick-ups und SUVs fahren. Mit dem Motoconcho geht es aber
natürlich auch ;)
Irgendwann
nach 10 Uhr kommen wir an. Am Veranstaltungsort selbst ist noch nichts los. Die
eigentlich für 11 Uhr angesetzte Podiumsdiskussion zum Thema Schildkröten und
Umwelt findet letztendlich um 17 Uhr parallel zum Yoga am Strand statt. Die
Bühne ist noch nicht in Sicht und bisher gibt es auch noch keinen Strom. Also
machen wir erstmal Gruppenfotos. Dafür bin ich in Abwesenheit des
Multimedia-Teams quasi als Urlaubsvertretung zuständig. So ist auch meine
Aufgabe beim Festival Fotos und Videos zu machen, aus denen nachher ein kleiner
Teaser/Trailer für das Festival zusammengeschnitten werden kann. Eine recht
dankbare Aufgabe – ein paar Fotos am Strand, von der Bühne, der Slackline, den
Zelten, etc. und ein paar Eindrücke filmen. Das einzig nervige daran ist, dass
ich die Kameratasche die ganze Zeit mit mir herumtragen muss. Da immer noch nichts
los ist, gehen wir um 12 Uhr erstmal was essen. Und erfahren nachher, dass es
für uns als Helfer kostenlos gewesen wäre. Die Gutscheine haben wir dummerweise
erst nachher bekommen. Na ja, dafür waren der Reis mit Bohnen, die Tostones,
Pommes und der Salat lecker. Die meiste Zeit des Nachmittags verbringe ich dann
mit Fabienne zwischen Slackline und Zeltplatz, die wir beaufsichtigen.
Anfangs bin
ich vom Festival etwas enttäuscht und überlege, ob ich wirklich über Nacht
bleiben will. So war es ursprünglich geplant und ich habe auch alles Notwendige
dabei. Aber mir erscheint es vor Ort dann nicht mehr so attraktiv. Vor allem,
weil die Toilette richtig eklig ist. Nach meinem ersten Besuch dort, ziehe ich
die Büsche vor. Außerdem befürchte ich, dass es nachts ziemlich kalt und laut
sein wird – ordentlich Campingausrüstung habe ich natürlich nicht dabei. Im
Laufe des Nachmittags wird es dann aber noch ziemlich cool. Wir treffen ein
paar andere deutsche Freiwillige, z.B. Sarah und Marlen aus Münster, die in
Santo Domingo für ein Jahr in einer Behindertenwerkstatt arbeiten. Die beiden
schließen sich uns dann auch für den Rest des Abends an. Außerdem treffe ich
eine HTWG-Studentin, die gerade hier ihr Praxissemester macht. Über Laurenz
Freundin Mathilda lernen wir noch eine weitere Gruppe Freiwillige und einen
Dominikaner, Moses, kennen. Mit ihm unterhalte ich mich länger und da er um die
Probleme mit der Verständlichkeit des dominikanischen Spanischs weiß, spricht
er „normales“ Spanisch, dass ich gut verstehe. Zwischendurch wechseln wir auch
ins Englische. Von Moses lerne ich auch einen Wortwechsel, der die Eigenarten
des dominikanischen Spanischs zeigt: „Taco ‘tá ‘qui? No, Taco no ‘tá ‘qui, Taco
‘tá ‘cotao“. Eigentlich würde man sagen: „Taco está aqui? No, Taco no está
aqui, Taco está acostado.“ (Ist Taco da? Nein, Taco ist nicht da, Taco ist im
Bett.) Ihr seht vielleicht, dass da ein paar Buchstaben fehlen. Schnell
gesprochen hat man dann einfach so gut wie keine Chance das zu verstehen. Ich
jedenfalls nicht. Andalusien und Dominikanische Republik – für’s Spanischlernen
waren meine bisherigen Aufenthalte im spanischsprachigen Ausland nicht ideal
gewählt. Tatsächlich kamen die spanischen Einwanderer, die sich hier
angesiedelt haben, wohl auch aus Andalusien – hat mir zumindest irgendjemand
erzählt. Im andalusischen Spanisch werden nämlich auch Buchstaben (vor allem ‚s‘)
verschluckt.
Als es dunkel
wird beginnt die Musik, am Strand werden Lagerfeuer und Teelichter in
Papiertüten angezündet. Und obendrüber der wundervolle Sternenhimmel und das
Meeresrauschen. Mir fällt auf, dass der Mond hier anders „liegt“. Bei
zunehmendem Mond ist die Sichel eine Schale, bei zunehmendem ein Dach. Ich
entscheide spontan, doch über Nacht zu bleiben. Außer mir bleiben nur Julia und
Paris, die anderen fahren alle um 0.30 Uhr mit dem Taxi zurück. Nachdem die
andere deutsche Freiwilligengruppe so um 2 Uhr abfährt, setze ich mich allein
ans Lagerfeuer (Julia und Paris sind irgendwo verschollen) und komme ins
Gespräch mit Daniel, einem Venezuelaner, der aktuell in Las Terrenas als Kitesurflehrer
arbeitet. Es gesellen sich noch weitere DominikanerInnen dazu und so vergeht
langsam die Nacht. Ich ziehe eine Fleecejacke nach der anderen an und wickel
mich in die dünne Decke, die mir Max dankenswerterweise dagelassen hat. Ohne
das Lagerfeuer wäre es schon recht kalt gewesen. Letztendlich lege ich mich
dann auch gar nicht zu Julia und Paris ins Zelt, sondern bleibe die ganze Nacht
am Strand. Die Musik hört gegen 4 Uhr auf, irgendwann höre ich auch den
Gesprächen nicht mehr zu und schlafe so von 5.30 – 6.30 Uhr für eine Stunde
ein. Irgendwie habe ich mich richtig übel verlegen und die Nackenschmerzen
meines Lebens – ich habe den Baumstamm im Verdacht, auf dem ich
zwischenzeitlich den Kopf abgelegt hatte. Ich kann jedenfalls den Kopf nicht
mehr drehen und alles tut weh. Na ja, dafür wache ich am Strand auf. War schon
gut dazubleiben, denn wann hat man schon die Gelegenheit in der Karibik am
Strand zu übernachten.
Der
Sonnenaufgang ist leider recht unspektakulär und auch von den Bäumen verborgen.
Aber die Morgenstimmung ist trotzdem schön. Zum Frühstück habe ich einen
Müsliriegel dabei. Nachdem wir den Strand ein wenig vom Müll befreit haben,
setze bzw. lege ich mich in die höher steigende Sonne und warte darauf, dass
wir wie angekündigt, gegen 10 Uhr irgendeine Rückfahrgelegenheit nach Samaná
nehmen. Die gibt es aber nicht bzw. angeblich um 13 Uhr erst. Geduld ist eine
Tugend, in der man sich hier üben kann – sie wird immer wieder auf die Probe
gestellt. So ab 11.30 Uhr versuchen Julia, Paris und ich dann eine
Mitfahrgelegenheit zu finden, was leider erfolglos bleibt. Gegen 12 Uhr können
wir immerhin für 30 Pesos schonmal ein Stück weit rausfahren zur Guagua-Station
am Zipline-Park. Leider fährt von hier aber keine Guagua und auch sonst nichts
nach Samaná. Bis auf Motoconchos. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen,
damit nicht zu fahren, aber jetzt gibt es keine andere Möglichkeit. Paris fährt
mit dem ersten. Julia und ich steigen zunächst zusammen auf ein zweites – samt zwei
Rucksäcken, Zelt und Hängematte. Ein kleines Stück weiter ruft der Fahrer, der
sich mir nachher als Ramón vorstellt und mir vorschwärmt, wie toll es doch hier
sei und dass ich doch bestimmt hierbleiben wolle, einen Freund, bei dem Julia
aufsteigt. Ich steige wieder auf und lasse nach zwei Metern wieder anhalten,
weil ich ernstlich um meine Füße besorgt bin. An dem Motoconcho fehlen nämlich
die Tritte, auf die man eigentlich die Füße stellen kann. Und die Abdeckung für
die Kette fehlt auch. Zum Glück kann er das Gefährt noch gegen eins
eintauschen, das besser in Schuss ist und diese Vorrichtungen hat. Selbst
darauf habe ich noch etwas Angst, dass meine Füße abrutschen, den die Strecke
ist wirklich steinig und entsprechend holprig. Ich sitze also relativ
verkrampft auf dem Motorrad. Erst als wir endlich wieder auf Asphalt fahren,
kann ich mich ein wenig entspannen. Ich bete um Bewahrung und versuche nicht
daran zu denken, wie schnell wir gerade wohl fahren, dass ich keinen Helm und
eine kurze Hose anhab und mich gerade an irgendeinen wildfremden Dominikaner
klammern muss. Wenn man diese Gedanken ausblendet, macht es eigentlich sogar
Spaß :D Es ist immerhin nicht so stickig und eng wie in der Guagua. Und die
Jungs fahren die Strecke oft und sollten also wissen was sie tun. Nach ca.
20-30 Minuten kommen wir für 150 Pesos zuhause an – inzwischen ist es 13 Uhr.
Zeit für eine
ausführliche kalte Dusche, um den Sand loszuwerden (hab ich schon erwähnt, dass
ich Sand und Salzwasser teilweise eher unangenehm finde?), Mittagessen und ein kurzes
Nickerchen, dann geht es um 15.30 Uhr wieder los mit dem Sammeltaxi zur Aftershowparty
auf einem Hoteldach mit Bar und Pool, in den wir uns direkt begeben. Die Aussicht ist wirklich toll. Zumindest in die eine Richtung. In die andere Richtung schaut man auf Wellblechhütten und dass fühlt sich doch sehr dekadent an. Viel los
ist nicht auf der Party, wie schon auf dem Festival kiffen viele der Anwesenden (weder Besitz noch Konsum sind hier legal). Nachdem wir den Sonnenuntergang beobachtet haben gehen Maria, Fabienne, Alica und ich dann auch schon.
Die Rückfahrt machen wir – jetzt schon ganz routiniert – mit dem Motoconcho.
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