Samstag, 4. März 2017

Catching up (Teil 1): La Vega und der Carnaval vegano



Ok, die Zeit verfliegt und ich hänge schon drei Wochen hinterher mit meinen Einträgen. Irgendwie war meine Schreibmotivation in den letzten Wochen sehr gering. Und mit jeder Woche mehr wird dann natürlich auch das, was zu schreiben ist mehr. Generell bin ich irgendwie recht schreibfaul geworden und kommuniziere nach Deutschland fast nur noch über Sprachnachrichten. Sie sind eine gute Alternative zum Skypen und Telefonieren, was sich aufgrund der instabilen und nicht sehr starken Internetverbindung hier als schwierig erwiesen hat. Dass ich für meine Mitarbeit in der Hillsong damals WhatsApp installiert habe, obwohl ich das ursprünglich nicht wollte, stellt sich also auch hier als sehr nützlich heraus. Nicht nur ein Großteil meiner Kommunikation nach Deutschland läuft inzwischen darüber, auch ein Großteil der Kommunikation innerhalb der Organisation hier. Außerdem bin ich gerade neben meinem Leben hier schon sehr mit der Kanada-Planung beschäftigt. Den Post dazu werde ich aber wahrscheinlich erst schreiben, wenn ich wieder in Deutschland bin. Aber dieses Wochenende ist jetzt zum ersten Mal nicht verplant und ich kann mir die Zeit nehmen, euch endlich auf den neuesten Stand zu bringen.

Nun zum Wochenendtrip nach La Vega vom 11.-12. Februar. Wer mich kennt, weiß, dass ich kein großer Jeck (Karnevalsverrückter, für alle Nicht-Rheinländer) bin. Sidefact: Well done, Süddeutsche, ihr habt es in meiner Zeit in Konstanz tatsächlich fertiggebracht, dass ich statt Karneval jetzt immer als erstes Fasnacht sage. Ich sage sogar Kölner Fasnacht und dominikanische Fasnacht und muss mich dann korrigieren … wahrscheinlich braucht es jetzt erstmal 5 Jahre woanders, um mir das und das „ge(ll)“ statt „ne“ wieder abzugewöhnen.

Auch in der Dominikanischen Republik wird Fas-, nein, Karneval gefeiert. Trotz meiner nicht allzu großen Begeisterung für dieses Spektakel (abgesehen vom Verkleiden, das find ich super – zuhause eine der wenigen Gelegenheiten meine Mittelalterkleider auszuführen ;) ) wollte ich mir das hier natürlich nicht entgehen lassen, denn es ist schließlich Teil der Kultur. Ähnlich wie in Deutschland gibt es hier auch je nach Stadt und Region unterschiedliche Ausprägungen des Karneval. Vom Grundsatz her ähnelt er eher der schwäbisch-alemannischen Fasnacht als dem rheinischen Karneval. Zwei Karnevalshochburgen sind hier La Vega und Santo Domingo. Da in La Vega der Karneval jeden Sonntag im Februar gefeiert wird, sind wir als erstes dorthin gefahren. In Santo Domingo waren wir vergangenes Wochenende (26.2.), haben dort den Karneval aber nur im Vorübergehen beobachtet, während er in La Vega der Grund für den Ausflug war. Grundsätzlich ist der Karneval hier aber nicht so präsent, wie bei uns abgesehen von den Personen, die beim Umzug mitlaufen ist eigentlich auch niemand verkleidet.

Den Vormittag des 11.2. habe ich noch zum Einkaufen und Blogschreiben genutzt, bevor ich mich dann um 14 Uhr mit Maria treffe, um zur Guagua-Station zu laufen. Wir sind eine Gruppe von sechs Freiwilligen aus Samaná – Annika, Maria, Romina, Laurenz, Max und ich. In La Vega stößt dann noch Laurenz Freundin, Mathilda, dazu. Die Fahrt dauert ca. 3,5h und kostet ca. 5,50€. Während der Fahrt spricht mich Laurenz an, weil ihm mein Christenfisch am Rucksack und mein Ring aufgefallen sind. Ob ich Christ sei. Daraufhin sprechen wir über verschiedene Fragen zum Christentum: Warum Leid? Warum Hölle? Was ist die Hölle überhaupt? Aber in der Kirche lief und läuft so viel schief … Jesus. Im Prinzip die großen Fragen, die so gut wie jeder ans Christentum stellt und die Timothy Keller so gut in seinem Buch „Warum Gott“ beantwortet, dass wir im letzten Term in meiner Hillsong-Kleingruppe gelesen und besprochen haben. Es ist ein gutes Gespräch, in das stellenweise auch Annika und Romina mit einsteigen und ich kann, glaube ich, einiges erklären, andere Sichtweisen zeigen und von mir erzählen. Schon witzig, dass die beiden Gespräche zu dem Thema bisher in der Guagua waren – einmal mit Alica, einmal hier. Es war eine gute Entscheidung, für meine Reisen wieder offensichtliche Symbole meines Glaubens zu tragen, denn ohne sie wären diese Gespräche wahrscheinlich gar nicht zustande gekommen.

Gegen 18 Uhr lässt uns der Guagua-Chofer (Fahrer) dann an einer Tankstelle aussteigen, an der wir umsteigen müssen, um zum Hotel zu kommen, dass zwischen La Vega und Jarabacoa liegt. Ich kaufe dort eine Packung puerto-ricanische Platano-Chips mit Knoblauch – richtig lecker. Laurenz hat über unser Hotel Kontakt zu einem Guagua-Chofer bekommen, der uns dorthin bringen soll. Es hatte schon während der Fahrt geregnet, sodass man leider nicht so viel sehen konnte von der Landschaft und jetzt fängt es wieder an. Irgendwann – es ist inzwischen fast dunkel – kommt dann auch die Guagua, mit der wir noch einmal ca. 20 Minuten fahren. Wir haben vier Doppelzimmer, quasi ein Apartment für uns. Ich teile Bett und Zimmer mit Maria. Nachdem wir unsere Sachen abgelegt haben, gehen wir ins Restaurant. Ich bestelle wie Annika und Mathilda frittierte Yuca mit Bohnen und kleinem gemischten Salat. Dazu teile ich mir mit Max ein Bier – mein erstes Presidente, das typischste Bier hier. Nach dem Essen gehen wir zurück in unsere Zimmer, wo Laurenz uns zum Einschlafen aus „A Midsummernight’s Dream“ vorliest. Gegen 22 Uhr gehen dann alle in ihre Zimmer und wir verabreden uns für 8.30 Uhr zum Frühstück. Maria und ich quatschen noch eine Weile, hören Musik und lesen uns dann gegenseitig die Google-Translator-Übersetzung meines Posts zum Festival vor, was ziemlich lustig ist. Unsere Favoriten der Fehlübersetzung: „Somehow I have embarrassed me nauseated and neck pain of my life“ (Irgendwie habe ich mich richtig übel verlegen und die Nackenschmerzen meines Lebens) und „Dominican Spanish-Speaki“ (dominikanisches Spanisch). Also, wie gesagt, wenn euch mal langweilig ist, einfach nen Post übersetzen lassen und dann nochmal auf Englisch lesen :D

Ich werde nachts ein paar Mal wach. Es regnet. Maria und ich sind beide Langschläfer und kommen als Letzte gegen 9 Uhr zum Frühstück. Es gibt frisches Obst, Kaffee con oder sin Leche und Mangú mit frittiertem Käse und Zwiebeln, ein hier typisches Frühstück. Gegen 11:45 Uhr verlassen wir das Apartment und warten im Restaurant auf die Guagua nach La Vega. Dort steigen wir am Jumbo-Markt aus, wo sich die vier ohne Regenjacken erstmal Schirme kaufen, denn es regnet weiterhin, auch wenn es in La Vega immerhin schon wärmer ist, als im Hotel. Hier im Landesinneren, näher an den Bergen, wird es schonmal kälter als an der Küste. Im Supermarkt sehen wir dann auch die ersten Kostüme an Puppen und im Verkauf. Von dort aus laufen wir dann Richtung Carnaval-Straße zur Kathedrale, einem ziemlich hässlichen Betonbau, den man leider nicht von innen besichtigen kann. 


Nebenan läuft schon Musik und es wird getanzt. Ein Straßenbanner kündigt an, dass es sich hier um den „Carnaval Tradicional de la Boa“ handelt. Als wir ankommen, tanzen sie gerade mit Bändern um einen Pfahl. Dann läuft Michael Jackson und wir tanzen mit auf der Straße, wodurch wir wiederum zur Attraktion und zum Fotomotiv werden. Inzwischen ist auch die Sonne rausgekommen. Danach schauen wir uns eine kleine kostenlose Gemäldeausstellung zum dominikanischen Karneval an. Als wir rauskommen, regnet es wieder und wir gehen essen, während Laurenz und Mathilda erkunden, wie und wann wir nachher wieder nach Samaná kommen. Leider gibt es in dem Laden anders als angekündigt weder Empanadas noch Brownies. Dann halt Käsesandwich und Kekse. Danach laufen wir zurück zur Karnevalsumzugs-Straße, wo es um 16 Uhr losgeht. Die Musik ist unerträglich laut – zum Glück habe ich Oropax dabei. Den Dominikanern scheint das nichts auszumachen. Wahrscheinlich sind sie alle schon schwerhörig – muss ja, wenn sie von Kind an Musik in dieser Lautstärke hören. Dann ist es auch kein Wunder, dass sie immer so schreien.







Die Kostüme sind größtenteils irgendwelche farbenfrohen Teufels- und Dämonenmasken und Ganzkörperkostüme. An sich schon beeindruckend, aber mir gefallen die Monsterfratzen nicht. Die zweite Parallele zur schwäbisch-alemannischen Fasnet sind die Saublasen (inzwischen wohl meistens aus Plastik), mit denen die Zuschauer geschlagen werden. Ich habe für 1,50€ auch so ein Ding gekauft. Für den Fall, zur Verteidigung. Ich bekomme zum Glück nichts ab, denn es wird richtig hart zugeschlagen, Romina hat danach blaue Flecken. Wahrscheinlich ist es so auch eigentlich gedacht und ich finde das auch gar nicht witzig. Es gibt Gruppen mit identischen Kostümen und auch verkleidete Einzelpersonen, die mitlaufen. Einer dieser Dämonen möchte uns gerne erschrecken, die anderen Mädels springen auch weg, aber ich denk mir „Hätt’ste wohl gern“ und starte den Starebattle. Davon ist dieses schöne Bild entstanden:

How to deal with demons
Zwischendurch fängt es nochmal richtig heftig an zu regnen, sodass wir uns in ein Zelt flüchten. Um 17 Uhr machen wir uns dann auf Richtung Guagua-Station. Von dort bringt uns Mathildas Gastvater, der Chofer ist, dahin, wo wir in die Guagua aus Santiago de los Caballeros umsteigen können, die Marias Gastmutter für uns dorthin bestellt hat. Gegen 17:45 Uhr fahren wir los und sind gegen 21 Uhr zurück in Samaná, wo es auch regnet.
Trotz Regen war es ein schöner Ausflug. Es war interessant den Carnaval vegano zu sehen, auch wenn mir der einmalige Besuch gereicht hat. Die Kostüme sind zwar schon beeindruckend, aber die beinahe ausschließliche Darstellung von irgendwelchen Dämonen gefällt mir nicht, dazu die zu laute Musik – wobei es immerhin keine schlechte deutsche Karnevals-Après-Ski-Musik war ;)

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