Montag, 13. Februar 2017

Las Galeras oder "Alles für den Wal"



Letzten Freitag (3.2.) sind wir zu fünft (Alica, Fabienne, Kristina, ihre Tante und ich) nach Las Galeras gefahren – laut meinem Marco-Polo-Reiseführer ein „verschlafener Ferienort (5200 Ew.) an der Ostspitze der Halbinsel Samaná“, der sich „um einen überschaubaren weißen Sandstrand [ausbreitet], auf den die Fischer ihre Boote heraufziehen und auf dem der Fang in kleinen hölzernen Garküchen gebrutzelt“. Das ist eine ganz treffende Beschreibung, doch dazu später mehr. Für uns ist Las Galeras vor allem Ausgangspunkt für zwei Strandausflüge – zur Playa Frontón am Freitag und zur Playa Rincón am Samstag.
Im Vorfeld gab es noch ein wenig Probleme, weil wir alle Freitag Urlaub nehmen wollten und dadurch den obligatorischen Spanischunterricht verpassen. Vor allem lag es wohl auch daran, dass wir das zu spät angekündigt haben und schon gebucht hatten, also Julia einfach vor vollendete Tatsachen gestellt haben, ohne rechtzeitig um Genehmigung des freien Tages zu bitten. Es war dann aber ok. Pro Monat stehen jedem/r Freiwilligen 2 Urlaubstage zu. Ich habe also sechs. Wenn man sie nicht am Stück nimmt, bietet sich natürlich am ehesten an, die Wochenenden zu verlängern. Und da montags immer alle Meetings stattfinden, ist Freitag dann der beste Tag. Nur, dass freitags eben vierstündig der Spanischunterricht mit Ana Rosa stattfindet – Anfänger und Fortgeschrittene 8-12 Uhr und 14-18 Uhr, immer abwechselnd. Ich habe dadurch jetzt erst zweimal Spanischunterricht gehabt, aber die Stunden waren gut – zuerst zwei Stunden Grammatik und dann zwei Stunden „Konversation“.

Doch zurück zum eigentlichen Thema. Schon die Hinfahrt ist ein kleines Abenteuer und ein typisch dominikanisches Erlebnis. Wir laufen um 9.30 Uhr Richtung Guagua-Station und finden schon auf dem Weg eine Guagua, die nach Las Galeras fährt. Wieder ein Pick-up mit löchrig-überdachter Ladefläche. Wir werden noch gefragt, ob wir uns nicht reinsetzen wollen (zwei Personen sitzen schon drin) – es würde gleich regnen. Wir lehnen ab und werden dann halt ziemlich nass, als es tatsächlich anfängt. Aber es ist warm und da macht das nicht so viel aus. Irgendwann hält der Fahrer nochmal an und deckt zusammen mit seinem Beifahrer die Überdachung mit einer blauen Plane ab. Genau rechtzeitig, denn jetzt fängt es richtig an zu regnen. Wobei die Plane auch nicht soo viel bringt. Aber besser als nichts.

 

Gegen 10 Uhr kommen wir in Las Galeras an und gehen als erstes in unser Hotel „La Isleta“. Wir haben zu viert ein Apartment mit 3 großen Betten auf zwei Etagen, Küche, Bad (Dusche mit warmem Wasser!!) und Terrasse mit Pool- und Meerblick. Es ist wirklich hübsch. Nach einer kurzen Pause gehen wir zurück zum Strand und finden auch schnell jemanden, der uns mit dem Boot für 700 Pesos/Person zur Playa Frontón fährt. Die See ist relativ rau, aber unser kleines Boot schlägt sich wacker und der Bootsführer fährt wirklich gut.



Es ist bewölkt und als wir nach ca. 25-minütiger Fahrt am Strand ankommen, fängt es erstmal an zu regnen. Es klart aber schon nach kurzer Zeit wieder auf. Wir gehen schwimmen (Vorsicht vor Seeigeln!), bekommen frische Kokosnüsse und liegen in der Sonne. Außerdem sammeln wir Muscheln. Der Sand ist etwas grobkörniger und hat ganz viele pinke Partikel, keine Ahnung, ob das Gestein oder Koralle ist, ich habe das jedenfalls vorher noch nie gesehen.


Irgendwann bricht plötzlich Hektik aus. Alle zeigen nach rechts und rennen nach links zu den Booten, irgendjemand schnappt das Wort „Ballena (Wal)“ auf. Unser Bootsführer kommt und fragt, ob wir auch rausfahren wollten, es seien Wale gesichtet worden. Für 500 Pesos/Person sind wir dabei. Wir haben zwar schon eine Waltour aus Samaná geplant, aber es ist Fabiennes letzter Tag und Kristinas Tante ist dann auch nicht mehr da. Also packen wir schnell unsere Sachen ein und dann geht’s ab ins Boot. Was dann folgt, habe ich schon ähnlich bei der Delphin-Tour in Ägypten 2014 erlebt. Fünf Motorboote rasen über’s Wasser und versuchen in die Nähe der Wale zu kommen. Und tatsächlich: Irgendwann taucht zu unserer Linken der erste Wal auf und sofort wieder ab. Man sieht nur ganz kurz die Rückenflosse. Etwas später sehen wir auf der linken Seite zwei weitere Rückenflossen auftauchen. Die Fahrt ist recht unsanft, der Bootsführer nimmt im Eifer des Gefechts nicht mehr so Rücksicht auf große Wellen und man wird ganz schön durchgeschüttelt auf den harten Sitzbänken. Ich dichte dazu das Lied „Eine Seefahrt, die ist lustig“ etwas um: „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön. Sie tut zwar am Popo weh, dafür kann man Wale sehen“. Kristina sagt immer wieder „Alles für den Wal“, wenn mal wieder eine besonders große Welle kam – ihre Tante hat nämlich Angst auf kleinen Booten. Kurz bevor wir eigentlich schon wieder zurückfahren wollen, drehen wir nochmal um und fahren nur mit einem weiteren Boot nochmal zurück die Küste entlang. Plötzlich ist ein Wal direkt vor uns, wir können ihn der Welle schwimmen sehen, dann bläst er zweimal und taucht wieder ab. Fabienne hat es auf Video festgehalten, meins ist leider nix geworden (total verwackelt). 


Alles in allem war es schon cool Wale zu sehen, aber kein so beeindruckendes Erlebnis wie ich mir vorgestellt hatte. Durch die „Jagd“ kann man den Moment, in dem man dann tatsächlich einen Wal sieht, gar nicht richtig würdigen. Das ist so hektisch und unwirklich. Und für die Wale auch nicht schön, plötzlich von 5 Motorbooten umkreist und verfolgt zu werden. Ich hoffe, dass ich noch einmal Wale sehen werde (zum Beispiel in Quebec) und dass das dann meinen Vorstellungen entspricht und auch die Wale nicht stört. Viel schöner als die Walsichtung auf dem Wasser war eigentlich, als uns später, als wir wieder am Strand sitzen von weit draußen ein Wal zuwinkt. Er schlägt etwa fünf Mal mit der Seitenflosse auf’s Wasser – Kristina hat es fotografisch festgehalten.


Danach fahren wir zurück zum Strand und machen noch ein paar Palmenfotos. Vorher müssen Alica und ich (die beiden mit Segelschein) uns erstmal noch kurz vom Geschaukel erholen. Beim Fahren ging es, aber ohne Motor ohne vorhersehbare Richtung auf den Wellen hin und her geschunkelt zu werden … tief durchatmen :D



Um 16 Uhr fahren wir zurück nach Las Galeras, bringen Fabienne zur Guagua und dürfen dann in unserem Apartment nacheinander warm (!) duschen. Wir sind ganz glückselig danach. Ich hoffe, diese Wertschätzung für warmes Duschen verliere ich nicht. Nach einem Monat mit unerhitztem Wasser ist es auf jeden Fall sehr wohltuend. Auch wenn ich das kalte Duschen nicht schlimm finde, zumindest tagsüber, es ist ja warm. Aber wenn einem kalt ist oder man wirklich sandig und salzwasserklebrig ist, ist eine warme Dusche schon Gold wert. Es gibt sogar einen Föhn, mit dem ich endlich mal wieder meine Haare in die ursprünglich angedachte Form bringen kann.

Nach kurzer Erholungspause (Sonne, Strand, Wale jagen und Boot fahren machen echt müde) gehen wir dann noch dominikanisch in einem Straßenimbiss, „El Típico“, essen. Für mich gibt’s eine große Portion Kartoffelpüree, Mangú, Yuca, Pasta und Gemüse mit Cola für 175 Pesos (3,50€). Man kann sich den Teller selber zusammenstellen lassen und es ist alles sehr lecker. Kochbananen und Yuca werde ich auf jeden Fall – sofern erhältlich – als Ergänzung meines Speiseplanes auch in Deutschland ab und zu verwenden. Bestimmt ist beides auch echt gesund – sofern man es nicht, wie hier recht oft, (zweimal) frittiert. Obwohl das natürlich auch ziemlich lecker ist ;)


Gegen 19:30 Uhr gehen wir zurück zum Hotel. Kristina, Alica und ich gehen noch im LED-beleuchteten Pool schwimmen. Es ist zwar nicht so warm, aber wenn man danach warm duschen kann, macht das ja nix.

Morgens wache ich kurz vor meinem, auf 6.30 Uhr gestellten Wecker auf. Es dämmert schon und wir wollen zum Sonnenaufgang zum Strand. Der Sand hier ist ganz fein und weiß, fast wie Gips. Wir setzen uns auf die „Bacardi-Palme“ und warten, bis es hell wird. Spektakulär ist der Sonnenaufgang leider wieder nicht und auch hinter den Bäumen. Danach gehen wir dann zum Frühstück, von dem Kristina, die schonmal in dem Hotel war, uns schon vorgeschwärmt hatte. Es gibt Kaffee (mit Milch), eine frische Kokosnuss (die leckerste bisher), geröstetes Weißbrot, Rührei, Butter, Ananas-Mango-Marmelade, einen Obstteller und Maracujasaft. Wir frühstücken ca. 1,5 Stunden und fallen danach kurz ins Fresskoma. Ich lege mich wieder auf die Liege auf der Terrasse, die anderen in ihr Bett mit Meerblick. Dann packen wir und fahren mit dem Fahrer vom Vortag für 550 Pesos/Person mit dem Boot zur Playa Rincón. Ursprünglich wollten wir ja dahin reiten, aber das soll 45$ kosten und das ist uns dann doch zu viel. Die See ist heute viel ruhiger und die Fahrt daher auch angenehmer. Uns tut ja allen noch der Po von gestern weh.



Die Playa Rincón ist auch richtig schön – kilometerlang mit weißem Sand, strahlend türkisem Wasser und Palmen. Wir schwimmen, schnorcheln, hören Musik, essen Kokosbrot und Süßkartoffelkuchen (Süßkartoffeln, Butter, Kokos, Zimt – die Konsistenz ist grießbreiartig und der Geschmack zumindest außen erinnert an Räuchertofu :D ). Später stoßen noch Maria und Romina und nochmal später Max und Laurenz dazu. Die beiden Jungs sind ca. 2 Stunden von Las Galeras zum Strand gewandert. Hätte ich die richtigen Schuhe dabeigehabt, hätte ich mich auf dem Rückweg angeschlossen, aber Sandalen sind für den Weg leider ungeeignet und ich habe nichts anderes dabei. Laurenz lässt mir seinen Reiseführer zur Lektüre da. Meiner (Marco Polo) ist zwar nicht schlecht und schön dünn, aber für Individualreisen nicht wirklich zu gebrauchen. Da steht halt nur, wie man mit dem Auto irgendwo hinkommt – von Guaguas oder Bussen keine Rede … Eventuell werden Alica und ich uns für die Reise am Ende unserer Zeit hier zusammenschließen. Wobei sie schon am 1.4. zurückfliegt und ich erst am 6.4. Mal schauen, wie das passt.



Um 16.30 Uhr fahren wir dann mit dem Boot zurück und bekommen auch direkt eine Guagua nach Samaná. Gegen 18 Uhr sind wir dann wieder zurück in Samaná. Als ich in meinen Flur komme, stehen im ersten Apartment zwei Airbnb-Gäste. Wie sich herausstellt ein finnisches Pärchen. Da kann ich endlich mal wieder mein „Mun nimi on Anna“ anbringen. Ihrer auch. Sie warten auf Julia, aber mit dem WLAN-Passwort kann ich ihnen immerhin schon weiterhelfen. In den Zeiten, in denen die angemieteten Apartments hier nicht von Freiwilligen belegt sind, werden sie über Airbnb vermietet, also falls ihr mal in Samaná sein solltet, könnt ihr vielleicht in meiner Wohnung nächtigen ;) Zurück zuhause muss ich erstmal ausführlich duschen – jetzt natürlich wieder kalt, wie gewohnt. Zu Abend gibt es dann den Rest von meinem Crema-de-Coco-Essen. Das hatte ich Donnerstagabend gekocht. Also eigentlich wollte ich Möhren, Paprika, Zwiebeln und Reis mit Kokosmilch essen. Leider habe ich erst festgestellt, dass ich statt Kokosmilch gezuckerte Crema de Coco gekauft habe, als es schon zu spät war und ich die Hälfte der Dose schon in den Topf gekippt hatte. Mit Salz, Pfeffer, Wasser, Milch und Käse ließ es sich aber zum Glück einigermaßen retten und essbar machen. Merke: Crema de Coco ist für Cocktails. Desweiteren merken: Joghurt Natural ist nicht ohne Zucker und Jugo 100% Naranja auch nicht. Nur wo „sin azucar“ draufsteht, ist auch kein Zucker drin.



Am Sonntag fahren wir (Annika, Kristina, ihre Tante, Maria, Romina und ich) dann nach Cayo. Mit an Bord viele Getränke, Ananas und ein Käfig mit einem Leguan. Und natürlich die Leute, die auf Cayo arbeiten und für die das Schiff eigentlich gedacht ist. Erstmal bereue ich, mitgekommen zu sein, weil es bewölkt und windig ist. Also rolle ich mich mit Jacke und zugedeckt mit meinem schon von der Bootsfahrt nassen Handtuch auf der Liege zusammen und schlafe. Als ich aufwache, kommt dann zum Glück die Sonne raus. Dann folgt ein entspannter Strandtag. Gegen 18.00 Uhr sind wir wieder zurück. Ich hatte mir vorgenommen in Yunior’s Kirche in den Gottesdienst zu gehen und Maria schließt sich mir an. Wir verabreden uns für 18.30 Uhr, was mir Zeit für ein kurzes Abduschen und Umziehen lässt. An der Kirche angekommen, stellen wir fest, dass der Gottesdienst ausnahmsweise leider schon vormittags war. Yunior hatte mir das wohl gesagt und ich habe es wieder vergessen. Vielleicht, weil da noch nicht feststand, dass wir nach Cayo fahren und ich dachte, morgens geht ja auch. Wir laufen dann bei Marias Familie vorbei, die mich zum Gottesdienst um 20 Uhr mit anschließendem Abendessen bei sich einladen. Das dann doch schon fertig und nicht vegetarisch ist, weshalb Maria mir nochmal schreibt, sodass wir dann doch mit ins Tierra y Mar gehen, wie ursprünglich geplant. Im Tierra y Mar lernen wir dann auch Kathy, eine neue Freiwillige aus Denver, kennen, die mit ihrer ganzen Familie da ist. So klingt mein fünftes Wochenende in der Karibik aus.

Freitag, 10. Februar 2017

Wasserfall und Festival

Ich kann es kaum glauben, aber es ist schon fünf Wochen her, seit ich in Köln ins Flugzeug gestiegen und hergeflogen bin. Die Zeit ist wirklich schnell vergangen.
 

Mit meinen Berichten hänge ich jetzt schon zwei Wochen hinterher, deswegen folgt jetzt erstmal ein Post über das Wochenende vom 28. - 30. Januar (der 30. war ein Feiertag – also eigentlich der 27. als Gedenktag an Juan Pablo Duarte, einen dominikanischen Freiheitskämpfer, nach dem hier auch der höchste Berg benannt ist). 

Am 28. bin ich mit Alica und Fabienne zum Wasserfall El Limón gefahren. Zuerst mit der Guagua. Dort angekommen sind wir dann für 16$ auf sehr mageren Pferdchen bergauf, bergab ca. 35 Minuten zum Wasserfall geritten. Ich wäre ja lieber gelaufen (auch wenn der Weg alles andere als einladend ist – sehr steil, steinig und schlammig), aber die anderen beiden wollten lieber reiten. Das letzte Stück zum über 50m hohen Wasserfall muss aber trotzdem zu Fuß zurückgelegt werden. Als wir ankommen, sind noch recht viele Menschen da, aber am Ende sind wir ganz allein und können unsere Touri-Fotos machen. Den ursprünglichen Plan schwimmen zu gehen, setzen wir nicht um, weil es doch recht frisch ist. Dann geht es auch schon wieder zurück. An einem Stand holen wir uns zusammen für 100 Pesos unsere erste frische Kokosnuss. Und ich bin etwas enttäuscht. Weder das Kokosnusswasser noch das Fruchtfleisch schmecken wie erwartet. Anders als gewohnt ist das Fruchtfleisch auch ganz labbrig und weich. Inzwischen habe ich noch zwei weitere Kokosnüsse probiert und vor allem die letzte war wirklich lecker. Immer mindestens eine zweite Chance geben ;)



Wir tun dem Ladenbesitzer dort auch noch den Gefallen und schauen uns ein wenig um. Nachdem ich beim Ausflug zum Strand mit den Kindern am vorhergegangenen Donnerstag einige schöne Muscheln und versteinerte Korallen gefunden habe, suche ich eine Kette, um sie zu befestigen. Also nur ein Band. Als ich frage, sagt er zuerst, das gäbe es leider nicht. Und findet dann doch eine leere Kette, die er mir sogar schenkt. Ich finde auch noch einen richtig schönen Ring, den man umklappen und beidseitig tragen kann. Auf der einen Seite ist ein Larimar (ein Edelstein, den es nur hier gibt) in Silber gefasst, auf der anderen eine rote Koralle. Leider ist er mir zu groß. Ich hoffe, dass ich anderswo nochmal so einen finde, der mir passt, das wäre ein schönes Souvenir. Wir haben Glück, im Anschluss an den Rückritt fährt direkt eine Guagua nach Samaná vorbei, die wir nehmen können. Abends treffen wir uns nochmal zum Pizza essen und schauen anschließend noch beim Festival de Ballenas vorbei, dass an diesem Wochenende stattfindet. Es ist aber überhaupt nichts los. Als ich nach Hause komme, weiß ich auch wieder warum: Das entscheidende Baseballspiel Licey gegen Aguilas läuft noch.

Baseball – das hab ich bisher noch gar nicht erwähnt – ist hier Nationalsport und sorgt für große Begeisterung. Es fing damit an, dass am Dienstag der Woche abends so gegen 22 Uhr auf der Straße plötzlich Lärm ausbrach. Jubel, Rufen, es klang, als würde jemand auf Töpfe schlagen. Am nächsten Abend dasselbe Spektakel. Julia wusste auch nicht, was los ist, bis wir dann rausgelaufen sind, um nachzuschauen und uns dann erklärt wurde, dass gerade die Baseballmannschaft Licey – Los Azules – ein Spiel gewonnen hätten und die Leute das feiern. Am Donnerstagabend wurde ich dann zum Spiel schauen von unserem Nachbarn Ephraim eingeladen – die Tür stand offen und Julia saß auch schon drinnen. Auch nach Durchlesen der Regeln bei Wikipedia bin ich nicht ganz durchgestiegen, aber immerhin einigermaßen. So richtig gepackt hat mich das Spiel allerdings nicht. Unsere Spanischlehrerin Ana, die auch noch dazukam, meinte dann, wenn ich mal einen dominikanischen Mann hätte, müsste ich dafür aber auch Begeisterung entwickeln. Da ich das nicht vorhabe, darf es wohl bei meinem geringen Interesse bleiben. Ich bin dann auch noch vor Ende des Spiels ins Bett gegangen – und wurde später noch ein wenig vom Jubel wachgehalten. Am Tag drauf haben wir Baseball auch nochmal im Spanischunterricht thematisiert und Ana war regelrecht schockiert zu erfahren, dass von uns drei Deutschen – zwei Jungs und ich – keiner Fußballfan ist. Außer vielleicht bei der WM und Laurenz noch nicht mal dann. Komische Deutsche sind wir.

Am Sonntagmorgen sollte es dann früh mit einem Shuttle nach El Valle gehen, wo das Festival Quelonios stattfindet. Untertitel des Festivals: „Musica, Arte, Medio ambiente (Musik, Kunst, Umwelt)“. „Quelonios“ werden die großen Meeresschildkröten genannt, die gefährdet sind und am Strand von El Valle ihre Eier ablegen. Ein kleines Video von El Valle kann man hier ansehen https://www.youtube.com/watch?v=6QZE6CQ2qLk

Es hieß Abfahrt um 8 Uhr, also stehe ich um 6.15 Uhr auf. Julia und ich laufen zusammen los und sind dann um 8.15 Uhr da, die anderen von uns auch. Etwas später trifft auch das Shuttle – so eine Art offener Safaribus – ein. Bis er dann tatsächlich losfährt, wird es aber 9.30 Uhr. Zwischendurch wird nochmal in Samaná angehalten, 100m rückwärts gefahren, statt zu drehen, um noch irgendwen mitzunehmen. Außer uns sind noch einige Dominikaner mit an Bord, die am frühen Morgen schon äußerst gut gelaunt und entsprechend laut sind. Dazu wird dann noch die Musik aufgedreht. Ein großer Lautsprecher gehört hier in jedem Fahrzeug zur Grundausstattung. Wir Deutschen (und eine Amerikanerin und eine Schweizerin) fallen eher durch unsere Stille auf. Die Fahrt geht irgendwann runter vom Asphalt, bergauf, bergab über Stock und Stein und durch einen Fluss. Jetzt verstehe ich auch, warum die meisten (also die, die es sich leisten können) hier Pick-ups und SUVs fahren. Mit dem Motoconcho geht es aber natürlich auch ;)

Irgendwann nach 10 Uhr kommen wir an. Am Veranstaltungsort selbst ist noch nichts los. Die eigentlich für 11 Uhr angesetzte Podiumsdiskussion zum Thema Schildkröten und Umwelt findet letztendlich um 17 Uhr parallel zum Yoga am Strand statt. Die Bühne ist noch nicht in Sicht und bisher gibt es auch noch keinen Strom. Also machen wir erstmal Gruppenfotos. Dafür bin ich in Abwesenheit des Multimedia-Teams quasi als Urlaubsvertretung zuständig. So ist auch meine Aufgabe beim Festival Fotos und Videos zu machen, aus denen nachher ein kleiner Teaser/Trailer für das Festival zusammengeschnitten werden kann. Eine recht dankbare Aufgabe – ein paar Fotos am Strand, von der Bühne, der Slackline, den Zelten, etc. und ein paar Eindrücke filmen. Das einzig nervige daran ist, dass ich die Kameratasche die ganze Zeit mit mir herumtragen muss. Da immer noch nichts los ist, gehen wir um 12 Uhr erstmal was essen. Und erfahren nachher, dass es für uns als Helfer kostenlos gewesen wäre. Die Gutscheine haben wir dummerweise erst nachher bekommen. Na ja, dafür waren der Reis mit Bohnen, die Tostones, Pommes und der Salat lecker. Die meiste Zeit des Nachmittags verbringe ich dann mit Fabienne zwischen Slackline und Zeltplatz, die wir beaufsichtigen. 


Anfangs bin ich vom Festival etwas enttäuscht und überlege, ob ich wirklich über Nacht bleiben will. So war es ursprünglich geplant und ich habe auch alles Notwendige dabei. Aber mir erscheint es vor Ort dann nicht mehr so attraktiv. Vor allem, weil die Toilette richtig eklig ist. Nach meinem ersten Besuch dort, ziehe ich die Büsche vor. Außerdem befürchte ich, dass es nachts ziemlich kalt und laut sein wird – ordentlich Campingausrüstung habe ich natürlich nicht dabei. Im Laufe des Nachmittags wird es dann aber noch ziemlich cool. Wir treffen ein paar andere deutsche Freiwillige, z.B. Sarah und Marlen aus Münster, die in Santo Domingo für ein Jahr in einer Behindertenwerkstatt arbeiten. Die beiden schließen sich uns dann auch für den Rest des Abends an. Außerdem treffe ich eine HTWG-Studentin, die gerade hier ihr Praxissemester macht. Über Laurenz Freundin Mathilda lernen wir noch eine weitere Gruppe Freiwillige und einen Dominikaner, Moses, kennen. Mit ihm unterhalte ich mich länger und da er um die Probleme mit der Verständlichkeit des dominikanischen Spanischs weiß, spricht er „normales“ Spanisch, dass ich gut verstehe. Zwischendurch wechseln wir auch ins Englische. Von Moses lerne ich auch einen Wortwechsel, der die Eigenarten des dominikanischen Spanischs zeigt: „Taco ‘tá ‘qui? No, Taco no ‘tá ‘qui, Taco ‘tá ‘cotao“. Eigentlich würde man sagen: „Taco está aqui? No, Taco no está aqui, Taco está acostado.“ (Ist Taco da? Nein, Taco ist nicht da, Taco ist im Bett.) Ihr seht vielleicht, dass da ein paar Buchstaben fehlen. Schnell gesprochen hat man dann einfach so gut wie keine Chance das zu verstehen. Ich jedenfalls nicht. Andalusien und Dominikanische Republik – für’s Spanischlernen waren meine bisherigen Aufenthalte im spanischsprachigen Ausland nicht ideal gewählt. Tatsächlich kamen die spanischen Einwanderer, die sich hier angesiedelt haben, wohl auch aus Andalusien – hat mir zumindest irgendjemand erzählt. Im andalusischen Spanisch werden nämlich auch Buchstaben (vor allem ‚s‘) verschluckt.

Als es dunkel wird beginnt die Musik, am Strand werden Lagerfeuer und Teelichter in Papiertüten angezündet. Und obendrüber der wundervolle Sternenhimmel und das Meeresrauschen. Mir fällt auf, dass der Mond hier anders „liegt“. Bei zunehmendem Mond ist die Sichel eine Schale, bei zunehmendem ein Dach. Ich entscheide spontan, doch über Nacht zu bleiben. Außer mir bleiben nur Julia und Paris, die anderen fahren alle um 0.30 Uhr mit dem Taxi zurück. Nachdem die andere deutsche Freiwilligengruppe so um 2 Uhr abfährt, setze ich mich allein ans Lagerfeuer (Julia und Paris sind irgendwo verschollen) und komme ins Gespräch mit Daniel, einem Venezuelaner, der aktuell in Las Terrenas als Kitesurflehrer arbeitet. Es gesellen sich noch weitere DominikanerInnen dazu und so vergeht langsam die Nacht. Ich ziehe eine Fleecejacke nach der anderen an und wickel mich in die dünne Decke, die mir Max dankenswerterweise dagelassen hat. Ohne das Lagerfeuer wäre es schon recht kalt gewesen. Letztendlich lege ich mich dann auch gar nicht zu Julia und Paris ins Zelt, sondern bleibe die ganze Nacht am Strand. Die Musik hört gegen 4 Uhr auf, irgendwann höre ich auch den Gesprächen nicht mehr zu und schlafe so von 5.30 – 6.30 Uhr für eine Stunde ein. Irgendwie habe ich mich richtig übel verlegen und die Nackenschmerzen meines Lebens – ich habe den Baumstamm im Verdacht, auf dem ich zwischenzeitlich den Kopf abgelegt hatte. Ich kann jedenfalls den Kopf nicht mehr drehen und alles tut weh. Na ja, dafür wache ich am Strand auf. War schon gut dazubleiben, denn wann hat man schon die Gelegenheit in der Karibik am Strand zu übernachten.

Der Sonnenaufgang ist leider recht unspektakulär und auch von den Bäumen verborgen. Aber die Morgenstimmung ist trotzdem schön. Zum Frühstück habe ich einen Müsliriegel dabei. Nachdem wir den Strand ein wenig vom Müll befreit haben, setze bzw. lege ich mich in die höher steigende Sonne und warte darauf, dass wir wie angekündigt, gegen 10 Uhr irgendeine Rückfahrgelegenheit nach Samaná nehmen. Die gibt es aber nicht bzw. angeblich um 13 Uhr erst. Geduld ist eine Tugend, in der man sich hier üben kann – sie wird immer wieder auf die Probe gestellt. So ab 11.30 Uhr versuchen Julia, Paris und ich dann eine Mitfahrgelegenheit zu finden, was leider erfolglos bleibt. Gegen 12 Uhr können wir immerhin für 30 Pesos schonmal ein Stück weit rausfahren zur Guagua-Station am Zipline-Park. Leider fährt von hier aber keine Guagua und auch sonst nichts nach Samaná. Bis auf Motoconchos. Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, damit nicht zu fahren, aber jetzt gibt es keine andere Möglichkeit. Paris fährt mit dem ersten. Julia und ich steigen zunächst zusammen auf ein zweites – samt zwei Rucksäcken, Zelt und Hängematte. Ein kleines Stück weiter ruft der Fahrer, der sich mir nachher als Ramón vorstellt und mir vorschwärmt, wie toll es doch hier sei und dass ich doch bestimmt hierbleiben wolle, einen Freund, bei dem Julia aufsteigt. Ich steige wieder auf und lasse nach zwei Metern wieder anhalten, weil ich ernstlich um meine Füße besorgt bin. An dem Motoconcho fehlen nämlich die Tritte, auf die man eigentlich die Füße stellen kann. Und die Abdeckung für die Kette fehlt auch. Zum Glück kann er das Gefährt noch gegen eins eintauschen, das besser in Schuss ist und diese Vorrichtungen hat. Selbst darauf habe ich noch etwas Angst, dass meine Füße abrutschen, den die Strecke ist wirklich steinig und entsprechend holprig. Ich sitze also relativ verkrampft auf dem Motorrad. Erst als wir endlich wieder auf Asphalt fahren, kann ich mich ein wenig entspannen. Ich bete um Bewahrung und versuche nicht daran zu denken, wie schnell wir gerade wohl fahren, dass ich keinen Helm und eine kurze Hose anhab und mich gerade an irgendeinen wildfremden Dominikaner klammern muss. Wenn man diese Gedanken ausblendet, macht es eigentlich sogar Spaß :D Es ist immerhin nicht so stickig und eng wie in der Guagua. Und die Jungs fahren die Strecke oft und sollten also wissen was sie tun. Nach ca. 20-30 Minuten kommen wir für 150 Pesos zuhause an – inzwischen ist es 13 Uhr.

Zeit für eine ausführliche kalte Dusche, um den Sand loszuwerden (hab ich schon erwähnt, dass ich Sand und Salzwasser teilweise eher unangenehm finde?), Mittagessen und ein kurzes Nickerchen, dann geht es um 15.30 Uhr wieder los mit dem Sammeltaxi zur Aftershowparty auf einem Hoteldach mit Bar und Pool, in den wir uns direkt begeben. Die Aussicht ist wirklich toll. Zumindest in die eine Richtung. In die andere Richtung schaut man auf Wellblechhütten und dass fühlt sich doch sehr dekadent an. Viel los ist nicht auf der Party, wie schon auf dem Festival kiffen viele der Anwesenden (weder Besitz noch Konsum sind hier legal). Nachdem wir den Sonnenuntergang beobachtet haben gehen Maria, Fabienne, Alica und ich dann auch schon. Die Rückfahrt machen wir – jetzt schon ganz routiniert – mit dem Motoconcho.