Mittwoch, 3. Januar 2018

Noch ein (anderer) Jahresrückblick - another look back


Gerade habe ich den facebook-Post eines Freundes gelesen, in dem er auf sein Jahr zurückblickte. Er besucht seit einem Jahr auch ein Bible College. Sein Rückblick ist sehr ehrlich und er schreibt, wie hart das Jahr für ihn war. Es gab auch gute Momente, aber vor allem schwer und er macht nur weiter, weil er weiß, dass das Gottes Wille für ihn ist und dass er ihn auf das vorbereitet, was er in seinem Leben machen möchte - Gemeindegründung in Deutschland.

Ich hatte zwischendurch über's Jahr nur sehr sporadisch und kurz Kontakt zu ihm, sodass mein Eindruck seines Jahres durch seine facebook-Posts geprägt war. Und wie das so mit den sozialen Medien ist, teilen wir ja hauptsächlich die guten Momente. Seinen Post zu lesen war für mich der Grund noch einen Jahresrückblick zu schreiben. Denn als ich ihn las, fand ich seine Ehrlichkeit inspirierend. Es ist so wichtig authentisch zu sein und auch unsere Kämpfe zu teilen, darin liegt viel Kraft! Und während ich das als Kommentar unter seinen Post schrieb, ging mir auf, dass ich in meinem Rückblick nicht wirklich meine Kämpfe geteilt habe und dass man meinen könnte mein Jahr sei nur ein rosa-rotes, wundervolles Abenteuer gewesen. Deswegen hole ich das jetzt noch nach. Das heißt nicht, dass der letzte Jahresrückblick nicht wahr und ehrlich ist. Nur selektiv positiv. Vor allem, weil mein Ausblick auf's Leben positiv ist - I choose to count my blessings. Und wenn ich zurückschaue, schaue ich auf ein großartiges Jahr meines Lebens zurück. Das aber auch seine schwierigen Tage und Tiefpunkte hatte. Denn so ist das Leben und es sind gerade diese Momente in denen Gott uns nahe kommen will und durch die wir die Chance bekommen zu wachsen und uns weiterzuentwickeln. Diese Lektion habe ich auf die harte Tour gelernt, indem ich vor über 4 Jahren durch eine Trennung gegangen bin, die für mich sehr schmerzhaft war. Aber ich möchte die Erfahrung nicht missen, denn sie hat stark dazu beigetragen, wer ich heute bin. Ich habe mich damals dazu entschlossen, mich in meiner Verletztheit an Gott zu wenden und ihm die Chance zu geben mein Herz zu heilen und zu verändern. Und das hat er Schritt für Schritt getan und tut es immer noch. Die Veränderung war so graduell, dass sie mir gar nicht wirklich aufgefallen ist. Erst als ich durch facebook auf negative Posts aufmerksam wurde, die ich vor 5 oder mehr Jahren geschrieben habe, fiel mir eine starke Veränderung auf. Ich bin verändert und der Prozess geht weiter. 😊

Nun also zu den schwierigeren Momenten dieses Jahr.

Als erstes fällt mir da meine zweite Woche in der Dominikanischen Republik ein. Da war ich ja eine Woche lang krank, so krank wie schon lange nicht mehr, mit Fieber, Kopfschmerzen und Magen-Darm (s. "Fluch der Karibik"). In dieser Woche wurde mir dann auch erst richtig bewusst, was in den letzten Wochen alles passiert war und dadurch, dass ich nicht arbeiten konnte und den ganzen Tag im Bett lag, hatte ich die Zeit zu reflektieren und auch angemessen zu betrauern, was ich hinter mir gelassen hatte. Und es war wichtig, diese Zeit zu haben. Um alles richtig zu würdigen. Denn es ist gut, um den Verlust von etwas Wertvollem zu trauern und anzuerkennen, welche Gefühle die Situationen mit sich bringen. In der Zeit vor, um und nach meinem Umzug hatte ich dafür keine Zeit. Aber alle Tränen, die beim Abschied selbst noch nicht geflossen waren, flossen dann in dieser Woche. Ich merke, dass ich solche Emotionen manchmal nicht zulassen möchte und immer stark sein will. Einfach das Negative überspringen und von Highlight zu Highlight hüpfen. Aber gerade in meiner Schwäche kann und will Gott seine Stärke erweisen (2. Korinter 12,9). Der Weg vom Gipfel zum nächsten führt auch mal durch's Tal. Das weiß der Hirte. Auch im Tal kann man Schätze finden. Auch wenn es vielleicht etwas schwieriger ist, weil es dort dunkler ist, als auf den sonnenbeschienenen Hängen und Gipfeln. Aber wenn wir durch's Tal gegangen sind und mitgenommen haben, was es dort zu finden gab, wissen wir den nächsten Gipfel nochmal mehr zu schätzen. 

Bei meiner Ankunft in Kanada hatte ich keinen Durchhänger. Im Gegenteil, als ich im Flugzeug saß, hab ich mich so gesegnet gefühlt, dass mir die Tränen kamen. Und als ich am ersten Tag in Montreal in der U-Bahn saß, hatte ich so ein überwältigendes Gefühl davon am richtigen Ort zu sein. Also nicht spezifisch in Montreal, sondern generell in dem, was ich gerade tue. Wie sagte es Cliff vorgestern: Der beste Ort, an dem man sein kann, ist mitten in Gottes Plan für uns.

Die erste - wenn auch kleine - Herausforderung in Kanada war das Haus meiner ersten Gastgeber, in dem bei 4 Hunden, 7 Katzen und viel Arbeit das Putzen etwas zu kurz kam. Dafür kam ich mit beiden super aus und die Lösung war, einfach überall meine Arbeitskleidung zu tragen, bei der es mir egal war, wenn Hunde- und Katzenhaare und -sabber, Dreck und was sonst noch dran kam.

Den ersten wirklichen Tiefpunkt hatte ich, wenn ich mich richtig erinnere, im Juni auf PEI, nach meinem Holzhack-Unfall, bei dem ich meinen rechten Zeigefinger irgendwie zwischen Vorschlaghammer und Rückseite der Axt bekommen habe, was meinen Finger für eine Weile außer Gefecht setzte. Inzwischen ist er wieder vollkommen schmerzfrei und einsatzfähig, aber das dauerte viel länger, als ich es gern gehabt hätte und begleitete mich im Prinzip den ganzen Rest meiner Wwoofing-Zeit, wodurch ich in meiner Arbeitsfähigkeit entsprechend eingeschränkt war, was mir sehr ungelegen kam. Es war aber auch wieder eine Lektion.

Die Verletzung trug zur nächsten Herausforderung bei, auf die ich im Juli bei Sue auf der Mountain Meadow Farm traf, denn unser Start war nicht der beste. Ehrlich gesagt wäre ich am ersten/zweiten Tag am liebsten direkt wieder abgereist. Mein Finger tat immer noch weh, wenn ich ihn zu stark belastet habe und sie meinte, wenn ich nicht richtig arbeiten könne, wäre ich auf einer Farm ja wohl fehl am Platz. Und dann griff mich noch die Ziege an und rammte mir ihre Hörner gegen das Bein... In der Woche flossen mehr als einmal Tränen der Frustration. Aber statt nachzugeben und wegzulaufen, habe ich das Gespräch gesucht und guten Willen gezeigt. Am Ende haben wir uns sogar gut verstanden und so war auch diese Herausforderung eine wichtige Lektion.

Und zuletzt dann meine Zeit am College, die an sich ein absolutes Highlight ist. Aber mit sich selbst konfrontiert zu werden, ist nicht immer schön, auch wenn es letztendlich so wertvoll und wichtig ist. Dabei tauchen aber Gedanken und Gefühle auf, von denen man dachte, sie längst hinter sich gelassen oder gar nicht zu haben. Ich habe hier mehr als einmal geweint und war ein paarmal ziemlich frustriert, vor allem mit mir selbst. Aber es ist ein heilsames Weinen, das im Gebet und der Gemeinschaft der anderen aufgefangen wird. Eine wichtige Lektion, die ich hier gelernt habe, ist meine Gedanken zu prüfen, zu hinterfragen und auch zu kontrollieren. Weil sie wiederum unser Leben kontrollieren. Ich weiß, dass es heutzutage ziemlich uncool und seltsam ist vom Teufel zu reden. Viele Menschen glauben wohl an eine höhere, irgendwie gute Macht. Aber gibt es auch das Böse, beziehungsweise einen bösen Gegenspieler? Woher kommen die ganzen negativen Gedanken? Woher die Hoffnungslosigkeit und wieso denken viele Menschen so schlecht über sich und andere? Ist das mit dem Engelchen und dem Teufelchen auf der Schulter wirklich nur so eine Redewendung? Vor einiger Zeit hatte ich schon "The Screwtape Letters" (deutsch "Anweisung an einen Unterteufel") von C.S. Lewis gelesen, ein fiktionaler Briefwechsel zwischen Onkel-Teufel Screwtape und seinem Neffen, Unterteufel Wormwood, dem er beibringt, wie er den ihm zugewiesenen Menschen kontrollieren kann. Die Lektüre kann ich definitiv empfehlen. Und jetzt lese ich gerade "Battlefield of the Mind" (deutsch "Das Schlachtfeld der Gedanken") von Joyce Meyer. Ich bin erst auf Seite 95, aber ich wollte es schon lange lesen und finde es wirklich gut. Im Grunde - und natürlich ist das bei Weitem nicht so einfach, wie es klingt - geht es darum, jeden Gedanken gefangen zu nehmen (2. Kor. 10) und nur die Gedanken zuzulassen, die Gott entsprechen. Im Brief an die Philipper formuliert Paulus es so: "Und nun, liebe Freunde, lasst mich zum Schluss noch etwas sagen: Konzentriert euch auf das, was wahr und anständig und gerecht ist. Denkt über das nach, was rein und liebenswert und bewunderungswürdig ist, über Dinge, die Auszeichnung und Lob verdienen." (4, 8). Wieviel Prozent meiner Gedanken entsprechen dieser Empfehlung? Immer mehr, hoffe ich. Über die Macht der Gedanken findet man nicht nur in der Bibel viele Ausführungen. Ich habe meine Gedanken schon länger hinterfragt und mein Denken bewusst angepasst und dabei Gottes Perspektive gesucht, aber es noch nicht wirklich so gesehen, dass manche Gedanken gar nicht meine sind. Ich denke sie schon so lange, dass sie sich anfühlen, als wären sie es, aber wenn ich genau darüber nachdenke, macht es für mich Sinn, dass sie es nicht sind. Dass es tatsächlich einen Kampf um meine Gedanken gibt und auch um mein Herz und meine Seele. Und dass es deshalb um so wichtiger ist, sich damit auseinanderzusetzen und auch zu schauen, was wir in unsere Gedanken, in unser Herz und unser Leben lassen. Auch diese Weisheit finden wir in der Bibel, in zwei verschiedenen Übersetzungen von Spruch 4,23, den ich in der DomRep in einem Song verarbeitet habe: "Mehr als auf alles andere achte auf deine Gedanken, denn sie entscheiden über dein Leben." (Gute Nachricht Bibel)
"
Vor allem aber behüte dein Herz, denn dein Herz beeinflusst dein ganzes Leben." (Neues Leben Bibel)

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