Freitag, 25. August 2017

Margaree Forks: Ein Wochenende mit der Familie Chiasson, 14.-16. Juli



Zu Anfang ein kurzes aktuelles Update (posttechnisch hänge ich ja mehr als einen Monat hinterher). Heute (24.8.) ist Tag 101 in Kanada, weitere 121 Tage liegen bis zur Rückkehr nach Deutschland noch vor mir. Davon ist noch eine Woche Wwoofing in Pont Rouge, Nähe Québec City. Die letzte Woche habe nochmal auf der D and J Farm bei Sussex verbracht. Wie es dazu kam dann im entsprechenden Eintrag. Jetzt sitze ich gerade im „The Happy Baker“ in Fredericton – stellt es euch vom Aufbau wie ein Raststellenrestaurant vor – wo ich auf dem Weg nach Québec 3,5 Stunden Aufenthalt habe. Ich habe mich entschieden, die Pause zum Blog schreiben zu nutzen. Und so in zwei Stunden kann ich dann hier auch direkt zu Mittag essen. Man könnte die Zeit vielleicht auch nutzen, sich die Stadt anzuschauen, aber ich habe a) keine Ahnung, wo die Innenstadt ist und vermute, dass ich mich noch relativ weit außerhalb befinde (hier gibt’s auch kein Wifi, sodass ich es nicht nachschauen kann) und b) schleppe ich inzwischen insgesamt fast 30kg Gepäck mit mir rum. Die dicken Wanderschuhe und meine Jacken hängen aufgrund der Temperatur inzwischen immer außen am Rucksack und ein paar kleine Souvenirs und Geburtstagsgeschenke sind seit Mai doch auch dazugekommen. Es ist noch gut transportier-, aber nicht allzu lange angenehm tragbar. Vor zwei Wochen bin ich damit in Digby ca. 8km zur Fähre gelaufen (mehr dazu dann im entsprechenden Eintrag) und es ging, aber es wäre nicht das entspannteste Sightseeing. c) ist Sightseeing auch nicht das Hauptziel meiner Reise. Wenn es das wäre, müsste ich ziemlich unzufrieden sein, denn von den offiziellen Touri-Attraktionen habe ich so gut wie keine gesehen. Kein „Anne-of-Green-Gables“ auf PEI, kein Fort of Louisburg in Cape Breton und abgesehen von Montreal habe ich auch keine der Provinzhauptstädte besichtigt. Immerhin bin ich durch die meisten durchgefahren. Wahrscheinlich gibt es noch einiges mehr, was ich aus touristischem Blickwinkel verpasst habe. Aber mal abgesehen davon, dass ich sowieso nicht gerne Tourist bin, habe ich stattdessen so viele andere tolle Sachen gesehen und erlebt. Und ein bisschen Sightseeing gab es auch. Aber eher auf Einheimischen-Art mit Geheimtipps und Plätzen abseits der ausgetretenen Pfade, wo sie gern hingehen. Das finde ich im Grunde viel spannender. Sozusagen das „wahre kanadische Leben“ mitzuleben. Und an dem Wochenende, von dem ich jetzt schreibe, gab es sogar beides: Touri-Highlights und kanadisches Familien- und Kleinstadtleben. Das ganze Wochenende war definitiv eins meiner Highlights. Und es war im ursprünglichen Plan gar nicht vorgesehen. Also in meinem. In Gottes wohl schon :)

Alles fing auf PEI an. Ich habe es im Post über meine erste Woche dort bei Marion und Tony erwähnt: „Hier habe ich von Janelle, einer jungen Mitsängerin [im Charlottetown Legion Choir], die aus der Nähe von Whycocomagh, CB, kommt, den Kontakt einer ihrer Freundinnen auf Cap Breton bekommen, mit der ich mich dann mal treffen kann.“ Ich hatte diese Freundin, Anne-Charlotte, dann bei facebook angeschrieben und wir hatten verabredet, dass ich mich melde, wenn ich auf Cape Breton bin. Über ihre facebook-Posts bekam ich dann schon mit, dass sie auch Christin ist. Als ich beim Big Hill Retreat angekommen bin, habe ich ihr also geschrieben. Sie lud mich für den nächsten Sonntag in den Gottesdienst in die Gospel Hall ein. Ich konnte von meinen Gastgebern ein Fahrrad leihen und bin damit die 13,6 km nach Baddeck gefahren. Ich hatte bei googlemaps nachgeschaut und es sollte mit dem Fahrrad 46min dauern. Ich habe auch tatsächlich 46 Minuten gebraucht, was mich überrascht hat, denn das Fahrrad war nicht das beste und funktionierte nur in 3 von 21 Gängen, weshalb ich mir relativ langsam vorkam. Ich war schon etwas früher als nötig aufbruchbereit, nur leider das Fahrrad nicht. Ich hatte abends zwar schon nachgeschaut, aber morgens war dann Richard da und sagte mir, dass das Rad kaputt sei und ich das andere nehmen müsste. Da mussten allerdings noch die Reifen aufgepumpt werden, was er freundlicherweise für mich übernahm. Er prognostizierte mir, ich werde zu spät kommen. Bin ich aber nicht :) Der Weg nach Baddeck führt größtenteils, aber nicht vollständig bergab - 70m rauf, 220m runter. Die Schotterstraße mit mäßig funktionierenden Bremsen runterzufahren war nicht so toll. An einer Stelle musste ich stark bremsen, weil mir plötzlich ein Rebhuhn vor’s Rad sprang. Es war noch etwas diesig, aber die Strecke, die am Ende am Bras d’Or Lake entlangführt, war trotzdem richtig schön. Es gibt nur leider keinen Fahrradweg (gibt es hier fast nirgends), weshalb immer wieder Autos mit ca. 80km/h an einem vorbeirauschen. Das ist etwas unentspannt. An der Gospel Hall angekommen, traf ich dann auf Anne-Charlotte und ihren Vater, Theodore. Als ich die Adresse der Gospel Hall recherchiert hatte, war ich auf eine Internetseite gestoßen, in der jemand die Gospel Hall als Sekte ("sect/cult") und Theodore als "selfish, self-centered, and unresponsible", "disrespectful and uncaring" bezeichnet. Ich hatte noch nie von den Gospel Halls gehört und wollte mir ein eigenes Urteil bilden. Ich war insgesamt dreimal dort und stimme beidem nicht zu. Mehr dazu später. Die Bewegung kommt aus Nordirland und ich vermute, dass sie sich am ehesten mit den deutschen Brüdergemeinden vergleichen lässt (wobei ich dazusagen muss, dass diese Einschätzung größtenteils auf Hörensagen beruht, denn ich war selber noch nie in einer Brüdergemeinde).

Mein Fazit von meinen Besuchen in den verschiedenen Gemeinden und vor allem in der Gospel Hall, ist, dass ich es grundsätzlich empfehlenswert finde, ab und zu auch mal in eine andere Gemeinde zu gehen. Also definitiv eine Heimatgemeinde zu haben, in die man regelmäßig geht und in der man mitarbeitet, aber trotzdem ab und zu mal über den eigenen Tellerrand zu schauen und andere Gemeinden zu besuchen, die vielleicht manche Sachen anders sehen und machen, als man es gewohnt ist. Denn im Grunde sind wir ja alle sowieso eine große Gemeinde, die Kirche, und sollten mehr finden, was uns verbindet, als was uns trennt. Und mögliche Unterschiede können so mal von beiden Seiten hinterfragt werden. Ich finde es jedenfalls eine sehr bereichernde Erfahrung, so viele verschiedene Gemeinden kennenzulernen. Manche entsprechen mir und meinen Überzeugungen mehr, andere weniger und ich denke, da darf sich auch jeder eine Gemeinde suchen, in der er sich wohl fühlt und in der er seine Art, Gott anzubeten, ausleben kann. Meiner Meinung nach ergeben alle verschiedenen christlichen Denominationen, sofern sie die christliche Kernbotschaft predigen, gemeinsam das Gesamtbild davon, wie man Gott anbeten kann. Jede legt dabei einen etwas anderen Schwerpunkt – in der einen steht vielleicht zum Beispiel mehr Freude, in der anderen mehr Ehrfurcht im Mittelpunkt – aber im Grunde sind diese Unterschiede unwichtig, denn wir teilen alle denselben Glauben an den dreieinigen Gott und haben damit den gleichen Auftrag und das gleiche Ziel: Gott, unsere Nächsten und uns selbst zu lieben und die frohe Botschaft zu verbreiten. Ich finde es wichtig, sich darauf zu besinnen.


In der Gospel Hall wird in der Regel der ganze Sonntag gemeinsam verbracht. Es beginnt um 10 Uhr mit dem „Breaking of Bread“. Anne-Charlotte hatte mich schon im Vorfeld darauf vorbereitet, dass dabei die Gemeindemitglieder in einem Stuhlkreis um den Tisch mit dem Brot sitzen und Besucher in Reihen dahinter. Dieser Teil dauert etwa eine Stunde, in der alle männlichen Gemeindemitglieder nacheinander aufstehen und beten, wobei der Fokus des Gebetes auf dem Dank für „Our Lord Jesus Christ“ und sein Opfer für uns liegt. Am Ende wird dann das Abendmahl gefeiert, an dem nur die Gemeindemitglieder teilnehmen. Ich weiß, es geht nicht um mich, aber ich mag es nicht, wenn vom Abendmahl ausgeschlossen wird. Ich habe währenddessen dann auch in meiner Bibel alle Stellen vom Abendmahl herausgesucht, um zu sehen, was da darüber steht, wer am Abendmahl teilnehmen „darf“. Ich vermute es lässt Interpretationsspielraum. Ich fühle mich jedenfalls immer von Jesus dazu eingeladen. Natürlich waren beim ersten Abendmahl nur seine Apostel zugegen und damit seine getauften Nachfolger, woraus man ableiten könnte, dass nur bekennende und getaufte Christen gemeint sind. In der evangelischen Kirche darf man ja auch erst nach der Konfirmation teilnehmen. Ich denke, ich sehe einfach weniger Gefahren in der Inklusivität als in der Exklusivität des Abendmahls. In das Herz der Menschen kann man sowieso nicht sehen – getauft, konfirmiert, kommuniert (ich weiß, das Verb gibt’s nicht, sollte es aber) oder nicht. Wenn jemand daran teilnehmen möchte, sollte er/sie das meiner Meinung nach dürfen. Was passiert schlimmstenfalls? Ich glaube, Gott ist größer, als dass es ihn entweihen könnte, wenn ein „Unwürdiger“ daran teilnimmt. Ich vermute, man merkt mir hier an, dass ich evangelisch bin, wobei ich mich lieber als Christin bezeichne, als als Protestantin, weil ich, wie oben schon angeklungen, lieber die Gemeinsamkeiten betonen möchte, als die Unterschiede. Aber wenn es dazu kommt, bin ich doch definitiv eher (frei) evangelisch als katholisch, da hat sich die Mutterseite der Familie durchgesetzt. Nach dem Breaking of Bread, gibt es einen kleinen Snack, bei dem ich anfange ein paar Leute kennenzulernen. Anders als man vielleicht oben durch Sitzordnung und Abendmahl vermuten könnte, sind es durchweg sehr freundliche und aufgeschlossene Menschen, bei denen ich mich direkt wohl fühle. Nach dem Snack gibt es gegen 11.30 Uhr Lieder und eine Predigt oder eine Bible Study. Entsprechend 1. Kor. 11,2-16 und 1. Tim. 2,8-15 sprechen die Frauen im Gottesdienst nicht. Alle Frauen tragen Röcke, Kopfbedeckung über langen Haaren und keinen Schmuck. Die Männer tragen Anzug und kurze Haare. Vorher habe ich mich damit noch nie wirklich auseinandergesetzt, fange aber jetzt an die entsprechenden Bibelstellen zu suchen und mir eine Meinung dazu zu bilden. Außerdem spreche ich auch mit Anne-Charlotte und ihren Schwestern darüber. Ich respektiere ihre Entscheidung und Auslegung und bin überzeugt, dass sie aus den richtigen Motiven und mit der richtigen Herzenseinstellung tun, was sie tun, finde es aber auch befremdlich. Für mich sind Paulus Aussagen zu Kleidung und Haartracht historisch und kulturell bedingt. Er schreibt ja sogar: „Urteilt bei euch selbst, ob es sich ziemt, dass eine Frau unbedeckt vor Gott betet“ (1. Kor. 11,13). Mein Urteil sagt „ja“ (es geht um unbedeckten Kopf, nicht Körper). Für mich ist es nur schwer vorstellbar, dass die Länge meines Haares und ob ich es bedecke oder nicht, für Gott eine Rolle spielt. Ich glaube auch nicht, dass Gott sich sonderlich für meine Kleidung interessiert. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man ihn und den Anlass mit angemessener Kleidung würdigt, aber wenn ich nur Lumpen hätte, würde das auch nichts ändern. Im Grunde zählt nicht das Äußere, sondern was dahinter steht. Nach der Predigt oder Bible Study wird dann gemeinsam zu Mittag gegessen. Danach fahren die meisten Gemeindemitglieder um 15 Uhr mit zur Sunday School im First-Nation-Reservat Wagmatcook, wo es für die Kinder einen Input und einen Snack gibt. Den Nachmittag verbringt Anne-Charlottes Familie dann bei ihrer Tante, bis Abends noch ein Gottesdienst stattfindet. Gesungen wird durchweg a capella, weil im Neuen Testament nicht erwähnt wird, dass sie Instrumente benutzen. Ich vermute, dass die frühen Christen wohl ihre ursprüngliche Musiktradition miteingebracht haben und dass da sicherlich auch weiterhin Instrumente involviert waren. Warum sollten die getauften Juden-Christen aufhören die Psalmen mit Instrumentalbegleitung zu singen, wie sie gedacht waren? Wir tragen ja auch nicht mehr die Gewänder, die die frühen Christen im Gottesdienst trugen. Meiner Meinung nach geht es ja nicht um ein Reenactment der frühen Kirche. Die Prinzipien sind die gleichen, aber ich halte Entwicklung und eine gewisse Erweiterung eher für bereichernd als dem Grundprinzip abträglich. Aber auch hier gilt, dass das Herz dahinter zählt. Und wenn sie keine Instrumente benutzen, weil sie glauben, dass Gott das so am besten gefällt und ihn damit ehren möchten, wer bin ich, dagegen was zu sagen, auch wenn meine Meinung anders ist.

An diesem ersten Sonntag in der Gospel Hall nehme ich nicht am gesamten „Programm“ teil, sondern lasse mich von Anne-Charlotte mitsamt Rad nach dem Mittagessen zurückfahren. Wir verabreden uns für das kommende Wochenende. Anne-Charlotte will mir Cape Breton zeigen. Und damit komme ich nach nur drei Seiten Text zum eigentlichen Thema dieses Eintrages: Mein Wochenende in Margaree Forks bei Anne-Charlottes Familie :D

Wie geplant, kam mich Anne-Charlotte also am 14. Juli abends abholen. Wir saßen gerade im Wohnzimmer. John, ein Freund von Terry war zum Abendessen zu Besuch und hatte danach sein E-Piano ausgepackt und spielte uns – etwas unrhythmisch – etwas vor. John hat einen Hirntumor. Eine neue wissenschaftliche Theorie besagt, dass Krebszellen nur wachsen, wenn die elektrische Spannung gleichbleibend ist (wenn ich das richtig verstanden habe), weshalb er ca. 12 Elektroden am Kopf befestigt hat, die immer wieder die Spannung wechseln. Alle paar Tage muss die Position der Elektroden gewechselt werden. An einem Abend kam ich gerade rechtzeitig rein, um die Kabel wieder zu verflechten, Richard hat sie neu positioniert, ist mit diesem Teil der Aufgabe aber etwas überfordert. Ich hatte auch meine Gitarre rausgeholt und versucht, ein wenig Akkorde zu dem zu spielen, was John spielte. Anne-Charlotte und ihre zwei Freundinnen, Tereneh und Claire kamen noch kurz mit rein, bevor wir abgefahren sind. Anne-Charlotte kam aus Sydney, wo sie gerade ein Praktikum bei einem Essen-auf-Rädern (Meals on wheels) Programm macht. Sie hat Ernährung studiert. Wir bringen Tereneh ins Wagmatcook-Reservat (sie ist first nation) und fahren dann noch eine halbe Stunde nach Margaree Forks, wo Anne-Charlottes Eltern wohnen, die sie am Wochenende immer besucht. Ihre Eltern, Lorna und Theodore, hatte ich schon vergangenen Sonntag in der Kirche kennengelernt. Ihr Mutter hatte sofort nen Stein im Brett, weil sie, nachdem ich gesagt hatte, ich komme aus Deutschland, nachgefragt hat, wo ich denn geboren worden wäre, und nicht glauben wollte, dass ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin, weil mein Englisch so gut und akzentfrei ist :) Darüber hinaus strahlen sie und ihr Mann so eine Freude und Gastfreundschaft aus, dass man sie einfach mögen muss. Obwohl es schon recht spät war, war die Küche hell erleuchtet und voller Menschen – ich mag ihre Küche. Anne-Charlotte hat 3 ältere Schwestern und einen älteren Bruder. Von den Schwestern  war gerade eine, Renette, mit ihrem Mann, David, Nordire, und Baby Theo(dore) (7 Monate) zu Besuch. Außerdem war Theodores Bruder mit Frau und Enkeltöchtern da. Plus wir 3 Mädels. Wir wurden direkt mit Schwarztee und Strawberry Shortcake bewirtet. Von Strawberry Shortcake – eine Art Scone mit Erdbeeren und Schlagsahne – hatte Terry erst gestern geschwärmt. Super lecker, ich lass mir von Lorna das Rezept geben. Irgendwann um 0 Uhr rum gehen dann alle ins Bett. Ich teile mir ein Zimmer mit Anne-Charlotte und Claire, die auch über’s Wochenende zu Besuch ist. Sie teilen das Doppelbett, ich bekomme das einzelne. 


Am nächsten Morgen stehen wir gegen 8.30 Uhr auf und gegen 9 Uhr gibt es dann ein ausgiebiges Frühstück: Toast, Marmelade, Eier, Speck, Würstchen, Zuckerschoten (frisch aus dem Garten), Erd- und Blaubeeren mit selbstgemachtem Joghurt, der fast die Konsistenz von clotted cream hat. Vor dem Essen wird gebetet, dann aus der Bibel gelesen und nochmal gebetet. Ich finde es schön, dass die ganze Familie gemeinsam mit Gottes Wort in den Tag startet. Gegen 11 Uhr fahren wir dann zum Egypt Falls-Wasserfall. „Wir“ sind Anne-Charlotte, Claire, Renette, David, Matthew (der irgendwie gerade auch dort wohnt, warum genau und ob er verwandt ist, hab ich nicht rausgefunden) und ich. Der Wasserfall hat zwei Stufen und ist richtig schön. Ähnlich wie in der DR muss man etwa 15 Minuten bergab laufen, um hin zu kommen. Beim letzten Stück ist am Rand des Weges zur Hilfe ein Seil gespannt, weil es steil wird. Irgendjemand hat erzählt, dass hier mal jemand geheiratet hat und die ganze Gästeschar, samt Großmüttern irgendwie den Weg runter- und raufkraxeln mussten...




Auf dem Rückweg gibt uns David ein Eis aus. Wieder zurück haben wir Pause und ich setze mich ans Klavier, während Anne-Charlotte zum Café „The Dancing Goat“ fährt und da Sandwiches für die für nachmittags geplante Wanderung kauft. Gegen 15 Uhr fahren wir dann mit 3 Autos los, diesmal kommen auch Lorna und Theodore mit. Wir fahren in den Nationalpark und ein Stück des berühmten Cabot Trails und „wandern“ dann den Skyline Trail entlang. Es ist eher ein Spaziergang, aber die Aussicht am Ende ist wirklich toll! Falls ihr mal da seid, macht den Trail. Er ist zwar sehr bekannt und dementsprechend vielfrequentiert, aber es lohnt sich. Am Ende angekommen, machen wir Fotos und packen die Sandwiches aus. Tief unten im Meer kann man kleine Wale (ich glaube Pilotwale) beobachten, winzig klein, aber gut zu erkennen. Und so kann ich beim Lunch unerwartet und kostenlos whalewatchen und sehe mindestens sechsmal Rückenflossen aufblitzen. So toll!






Auf die Bank neben mir setzt sich irgendwann ein Typ, der sich als Peter, 21, aus Düren herausstellt. Er ist nach dem Abi trampend und couchsurfend unterwegs. Theodore lädt ihn auch zu sich nach Hause ein, aber er ist in die andere Richtung, nach Pleasant Bay, unterwegs. Wir unterhalten uns etwas über’s Reisen und er läuft mit uns zurück. 


Auf dem Rückweg halten Anne-Charlotte, Claire und ich in Margaree Harbour und gehen dort an den Strand. Ursprünglich war für heute Abend hier ein Lagerfeuer geplant, aber dafür wird es jetzt doch zu spät. Ich habe zwischendurch Terry angerufen und gesagt, dass ich noch eine Nacht bleibe.








Bis zum Abendessen setze ich mich in die Küche und unterhalte mich mit Renette und Lorna, u.a. über die Gospel Hall. Zum Abendessen gibt es dann Hodge Podge (Kartoffeln und frisches Gartengemüse mit Sahne), Spargel, Mangold und für alle außer mich Schweinemedaillons mit Sourcream und Champignons. Zum Nachtisch gibt es Erdbeer-Rhabarber mit Joghurt und Crumble. Nach dem Essen setzen Anne-Charlotte und ich uns ins Wohnzimmer und machen Worship mit den Liedern aus meinem kleinen „Feiert-Jesus-to-Camp“-Liederbuch, die sie auch kennt, bis wir irgendwann nach 0 Uhr schlafen gehen. Ich erkläre diesen Tag später zu meinem Vorgeburtstag. Laut Renette ist es in Kanada nicht unüblich vor dem Geburtstag zu gratulieren und ggf. auch vorzufeiern. Ich würde sagen, das macht man in Deutschland eher nicht. Wenn dann nachfeiern. Es war jedenfalls ein wunderschöner Tag.

Am Sonntag klingelt mein Wecker zeitgleich mit Claires um 8.15 Uhr. Gegen 9 Uhr frühstücken wir. Vorher spiele ich ein wenig mit Baby Theo, der ein unglaublich fröhliches Strahle-Kind ist. Lorna und Theodore sind schon länger auf den Beinen, weil sie auch das Mittagessen für die Gospel Hall vorbereiten. Anne-Charlotte, Claire und ich fahren vor, weil sie noch Tereneh im Reservat abholt. Auf der Fahrt lassen wir wieder laut Worship laufen. Wir sind spät dran und kommen 20 Minuten zu spät zur Kirche. Der Ablauf ist wieder wie oben beschrieben. Nach dem Essen setzt mich Anne-Charlotte am Schiffsanleger ab, weil ich nach Kidston Island rüberfahren will. Wir verabreden uns für 17.15 Uhr an der Gospel Hall. Es gibt eine kleine kostenlose Motorboot-Fähre rüber auf die Insel, die Fahrt dauert vielleicht 10 Minuten. Ich laufe die große Runde und fotografiere dabei. 





Die meisten Besucher gehen an den Strand und ich begegne fast niemandem. Es ist sonnig-wolkig und warm. Vor allem um den Leuchtturm herum ist es sehr schön. Über den See hört man Dudelsackklänge. 



Nach ca. 1 Stunde auf der Insel fahre ich wieder rüber nach Baddeck, höre kurz dem Dudelsackspieler zu und laufe Richtung Alexander-Graham-Bell-Museum. Bekannt als Erfinder des Telefons, hat er auch daran gearbeitet mithilfe dem von seinem Vater (oder war's der Großvater?) entwickelten Alphabet Gehörlosen das Sprechen beizubringen (anstelle von Gebärdensprache) und an Flugkörpern geforscht, sodass in seiner Wahlheimat Baddeck mit der Silver Dart 1909 der erste Flug im Commonwealth stattfand. Dank Canada 150 ist der Eintritt ins Museum kostenlos.



Auf dem Rückweg zur Gospel Hall hole ich mir im „Frozen Spoon“ noch ein Eis und komme gleichzeitig mit Anne-Charlotte an. 


Sie fährt mich zurück zum Big Hill Retreat. Die 12 Eier von seinen Hühnern, die mir ihr Vater morgens noch mitgegeben hatte, scheinen den Tag trotz Hitze im Auto gut überstanden zu haben. 3 davon verbacke ich später in meinem Geburtstagskuchen. Kurzentschlossen gehe ich noch auf den Trails spazieren.

Was für ein Wochenende. Ich kann wieder mal nur staunen, was Gott auf dieser Reise alles für mich vorbereitet hat. Ich bin total dankbar für diese Begegnung und die schöne Zeit mit der Familie Chiasson. Sie sind ein tolles Beispiel dafür, wie man seinen Glauben mit Freude und Liebe leben kann, das mich definitiv inspiriert.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen